Alternativen zu Neubauvorhaben vorantreiben! 18. Oktober 20141. November 2017 Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) ist in seiner aktuellen Form ein nicht finanzierbares Wunschkonzert aller Bundesländer für neue Autobahnen und Fernstraßen. Rot-Grün ist in Niedersachsen zu Recht mit dem Ziel angetreten, alle für dieses Land angemeldeten Vorhaben auf ihren verkehrlichen Nutzen, den mit dem Bau verbundenen naturräumlichen Belastungen und den finanziellen Kosten kritisch zu hinterfragen und eine umfassende und transparente Öffentlichkeitsbeteiligung bei Verkehrsprojekten durchzuführen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für eine ökologische und soziale Wende im Verkehrsbereich. Vorrang muss eine Förderung ökologischer Verkehrsformen und nachhaltiger Mobilität haben. Unser Ziel ist die Stärkung des Öffentlichen Personenverkehrs und die weitere Verlagerung von Güterverkehren auf die Schiene und Wasserstraßen. Kein Artenschutz für Neubauprojekte Die unter Schwarz-Gelb in Niedersachsen geplanten Autobahnen und Fernstraßen sind nicht nur umwelt- und klimapolitisch die falsche Antwort auf die Herausforderungen zukünftiger Mobilität, sondern sind auch volkswirtschaftlich nicht vertretbar. Während auf der einen Seite die ursprünglich angesetzten Kostenkalkulationen nicht mehr zu halten sind, ist der verkehrliche Nutzen der aktuell in Niedersachsen diskutierten Großvorhaben wie A39, A20, A33 sowie E233 offensiv in Frage zu stellen. Die aktuellen Berechnungen des Bundesrechnungshofes machen dies deutlich: Alleine für die im Zuge der Küstenautobahn (A20) geplante Elbunterführung ist mit einer mehr als 60prozentigen Kostensteigerung zu rechnen. Demgegenüber müssen die erwarteten Verkehrsströme selbst nach den Prognosen des Bundesverkehrsministeriums nach unten korrigiert werden. Die gesammelten Erfahrungen und eindeutigen Analysen des Bundesrechnungshofes zeigen auch bei Öffentlichen-Privaten Partnerschaften (ÖPP) im Fernstraßenbau klar auf, dass das eine milliardenschwere Verschwendung von Steuergeldern und eine Umgehung der Schuldenbremse ist. Die ÖPP-Projekte werden immer deutlich teurer als der konventionelle öffentliche Straßenbau. Bündnis 90/Die Grünen Niedersachsen lehnen ÖPP beim Neu- und Ausbau von Bundesstraßen und Autobahnen entschieden ab. Für uns Grüne in Niedersachsen ist klar: Teure Neubau-Prestigeobjekte dürfen keinen Artenschutz genießen. Daher müssen alle Neubauvorhaben auf den Prüfstand. Alternativen nutzen und weiter entwickeln Statt in neue Autobahnen zu investieren, muss der Bestandserhalt der bestehenden Infrastruktur im Vordergrund stehen. Wo ein tatsächlicher nachgewiesener Bedarf besteht, geht ein Ausbau vorhandener Infrastruktur vor Neubau. Mit dem starren Festhalten an einzelnen Neubaustrecken wird aktuell eine sachliche Debatte darüber versperrt, was verkehrstechnisch notwendig und zugleich volkswirtschaftlich vertretbar ist. 2013 hat das Land Niedersachsen eine Liste von Projekten für den Bereich Straße angemeldet. Darunter sind auch Alternativen zu Neubauvorhaben. Diese gilt es weiter zu entwickeln und in den kommenden Debatten zu stärken. Ausbau B4 statt Neubau A39 Statt zwischen Wolfsburg und Lüneburg eine neue Autobahn zu bauen, setzen wir uns für einen Ausbau der B4 ein, der geeignet ist die Pendlerstöme aufzunehmen. Diese Maßnahme ist die volkswirtschaftlich sinnvollere Alternative zur A39 und bedeutet einen weitaus geringeren Eingriff in den Naturraum. Bei allen damit verbundenen Maßnahmen sind die Varianten zu nutzen, die die geringsten negativen Auswirkungen auf Natur, Umwelt, das Landschaftsbild und die Belange der davon betroffenen Gemeinden haben. Alternative zur Küstenautobahn Ein Weiterbau der A20 würde nur vergleichsweise geringe Verkehrsströme aufnehmen. Es besteht ein fragwürdiges Kosten-Nutzen-Verhältnis, weshalb eine Neubewertung der prognostizierten Verkehrsströme nötig ist. Im Kernnetz der 9 Transeuropäischen Korridore (TEN-T) ist die A20 nicht mehr enthalten. Die tatsächlichen Daten der vorhandenen Nutzung der bereits fertiggestellten Abschnitte der A20 in den neuen Bundesländern zeigen deutlich, dass zwischen euphorischen Prognosen und der harten Realität Welten liegen. Statt von 15.000 prognostizierten Fahrzeugen pro Tag wird dort die A20 nur von etwa 9.000 Fahrzeugen genutzt. Ein Wert, der mit einer Landesstraße abgewickelt werden kann. Gemeinsam mit den Grünen in Schleswig-Holstein setzen wir uns für die Entwicklung einer alternativen Route ein, die vorhandene Strecken besser vernetzt und dort, wo es notwendig ist, ergänzt und ausbaut. Alternativ zur Tunnellösung ist die Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit einer Fährverbindung zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven in zwei aktuellen Gutachten des Landes Niedersachsen hinreichend belegt. Moratorium Neubaumaßnahmen Alleine für den Erhalt der Bundesfernstraßen in Niedersachsen sind jährlich 200 Millionen Euro notwendig. Solange die notwendigen Sanierungen und Verbesserungen im bestehenden Infrastrukturnetz nicht abgearbeitet sind, halten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Einstieg in weitere Neubauvorhaben für nicht verantwortbar. In diesemSinne setzen wir uns für ein Neubaumoratorium ein. Im Interesse einer gewissenhaften und an Sachpunkten orientierten Überprüfung aller anderen von der CDU/FDP-Vorgängerregierung vorangemeldeten Straßenbauplanungen sowie der Umsetzung ökologisch und ökonomisch sinnvoller Alternativen begrüßen es BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass das Land Niedersachsen eine eigene Bewertung mit landeseigenen Kriterien vornehmen wird, um eine Prioritätenliste für die angemeldeten Projekte herzustellen. Bei der Definition dieser Kriterien sind ökologische Belange ebenso wie eine transparente Prüfung des Kosten- Nutzen-Faktors deutlich stärker zu werten, als es die Bundeskriterien leisten. Die Bewertung der niedersächsischen Projekte muss durch eine unabhängige Stelle erfolgen.