Antibiotikaeinsatz reduzieren, Trinkwasser in Niedersachsen schützen! 22. Februar 20156. Februar 2018 Rund eine Million Menschen infizieren sich nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene jährlich mit multiresistenten Keimen, die kaum noch mit gängigen Antibiotika behandelt werden können. Bei jährlich 30.000 bis 40.000 Menschen ist diese Infektion die wesentliche Todesursache. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen, weil keine flächendeckenden Untersuchungen und kein entsprechendes Monitoring existieren. Zudem gibt es nur eine unzureichende Meldepflicht für multiresistente Keime. Wir wissen heute, dass Resistenzen dort entstehen, wo Antibiotika viel und häufig eingesetzt werden. In der Human- und in der Tiermedizin kommen Antibiotika häufig ohne eine entsprechende Indikation zum Einsatz. Vor allem ist dies der Fall in industriellen Tiermastbetrieben, in denen im Falle eines einzelnen erkrankten Tieres oftmals der ganze Bestand mit Antibiotika behandelt wird. Selbst Notfall-Antibiotika, die ursprünglich für schwierige Infektionen in der Humanmedizin vorgesehen sind, finden inzwischen ihren Weg in die Ställe der Massentierhaltung. Von dort aus gelangen die inzwischen resistenten Keime zu den Menschen, die sich dann dagegen kaum noch schützen können. Der Handlungsbedarf für die Politik ist eindeutig: Schon heute kann sich niemand mehr den Gefahren entziehen, die vor allem die Massentierhaltung mit sich bringt. Keime verbreiten sich über Luft, Gülle und Fleisch, längst lassen sich auch Antibiotikareste im Grundwasser nachweisen. Während die Gefahren durch Antibiotika im Trinkwasser zumindest in der öffentlichen Berichterstattung relativ neu auf der Agenda stehen, ist ein anderes großes Gesundheitsrisiko schon länger bekannt: Der seit Jahren hohe Nitratgehalt im oberflächennahen Grundwasser ist in den vergangenen Jahren in einigen Teilen Niedersachsens nochmals zum Teil deutlich angestiegen. Stickstoff ist ein wichtiges Düngemittel in der Landwirtschaft. Häufig wird jedoch viel mehr auf die Felder aufgebracht, als die angebauten Pflanzen überhaupt verwerten können. Der Rest verbleibt im Boden und sickert irgendwann ins Grundwasser. Der EU-weite Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser von 50mg/Liter ist im oberflächennahen Grundwasser von vielen Wasserschutzgebieten in Niedersachsen schon deutlich überschritten.Vor allem betroffen sind Regionen mit einer hohen Anzahl intensiv-landwirtschaftlicher Betriebe. Die Reinigung des Rohwassers von Nitrat ist mit einem enormen Aufwand und hohen Kosten verbunden. Die Wasserversorger warnen immer eindringlicher vor den Folgen der erhöhten Werte. Nitrat kann im menschlichen Körper zu Nitrit umgewandelt werden, was bei Säuglingen zum Atemstillstand (Blausucht) führen kann und bei Erwachsenen krebserregende Nitrosamine bilden kann. Die mit resistenten Keimen und der Trinkwasserverschmutzung in Zusammenhang stehenden Gesundheitsrisiken sind eng mit den Auswirkungen der industriellen Massentierhaltung verbunden. Die hohe Tierdichte in den Ställen der Großbetriebe hat zu der aktuellen Antibiotikavergabepraxis geführt, sie ist sozusagen das Schmiermittel der Massentierhaltung. Bei der Agrarwende geht es daher nicht nur um die Frage der Tierhaltung, sondern ganz zentral auch um den Schutz der Gesundheit der Menschen. Kein Einsatz von Notfall-Antibiotika in der Tiermedizin Deutschland gehört beim Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung zu den Spitzenreitern im europäischen Vergleich: Im Jahr 2011 wurden laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) 1706 Tonnen, im Jahr 2012 1619 Tonnen und für 2013 wurden 1452 Tonnen Antibiotika in Deutschlandweit ausgegeben. Davon wurden zwischen 80 und 90 Prozent in der Nutztierhaltung eingesetzt. Zwar ist der Antibiotikaverbrauch in der Tiermedizin in absoluten Zahlen insgesamt zurückgegangen. Doch ist dies nur ein scheinbarer Erfolg: Besonders alarmierend ist der gleichzeitige Anstieg des Einsatzes von Notfall- beziehungsweise Reserveantibiotika in der Tiermedizin, die in der Humanmedizin eigentlich den Fällen vorbehalten bleiben sollen, in denen andere Wirkstoffe versagen. Sie sind in der Humanmedizin überlebensnotwendig. Ein Großteil der Antibiotika, gut 500 Tonnen, wurde an Großhandelsbetriebe im Postleitzahlenbereich 49 geliefert, also in die Regionen mit der höchsten Tierdichte: in die Landkreise Cloppenburg, Diepholz, Emsland, Vechta und Osnabrück und Teile des Kreises Steinfurt in Nordrhein-Westfalen. Die Massentierhaltung und ihre Folgen für Menschen und Umwelt stellen somit insbesondere im westlichen Niedersachsen ein großes Problem dar. Es ist gut und richtig, dass die die rot-grüne Landesregierung sich aus diesem Grunde zum Ziel gesetzt hat, den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung in fünf Jahren um mindestens die Hälfte zu reduzieren. Grüne bauen Kontrolle über Umsetzung Arzneimittelgesetz aus Nach der jüngsten Novelle des Arzneimittelgesetzes wird sich die Erfassung der in der Tierhaltung eingesetzten Antibiotika deutlich verbessern. Im Mai dieses Jahres werden die ersten vollständigen Daten auf der Grundlage des Bundesarzneimittelgesetzes der seit April 2014 laufenden einzelbetrieblichen Erfassung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung vorliegen. Das Arzneimittelgesetz sieht vor, dass aus den vorliegenden Daten für jede Nutztierart ein Durchschnittswert des Antibiotikaeinsatzes gebildet wird. Betriebe, deren Antibiotikaeinsatz bezogen auf das einzelne Tier einer Art unterhalb des Durchschnitts liegen, müssen zunächst keine Maßnahmen ergreifen. Die am schlechtesten abschneidenden 25 Prozent der Betriebe müssen hingegen ein schlüssiges Konzept vorlegen, wie der Antibiotikaeinsatz reduziert werden soll. Die Niedersächsischen Grünen haben durchgesetzt, dass beim Landesamt für Verbraucherschutz (LAVES) in Oldenburg 25 zusätzliche Stellen für Fachpersonal zur Kontrolle und Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes geschaffen wurden. Das ist mehr als in allen anderen Bundesländer. Die Grünen in Niedersachsen erwarten, dass gegen Betriebe, die zu viel Antibiotika einsetzen, die im Gesetz vorgesehen Maßnahmen ergriffen werden, von der Reduzierung der Besatzdichte bis hin zum Schließen des Stalls. Die zügig nach Regierungsantritt der rot-grünen Koalition in Niedersachsen erlassene Vorschrift, wonach große Schweineställe, die einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, nur noch mit einem Biofilter genehmigt werden dürfen, ist ein grüner Erfolg und ein wichtiger Schritt für mehr Umwelt- und Gesundheitsschutz. So kann neben Ammoniak ein erheblicher Teil der Keime aus der Stallabluft gefiltert werden. Zum Schutz von Trinkwasser in Niedersachsen Stickstoffdüngung konsequent reduzieren Trinkwasser ist die Grundlage unseres Lebens. Umso erschreckender ist es, wie fahrlässig wir damit umgehen. Die Trinkwasserverordnung legt einen Grenzwert von 50 mg/Liter für Nitrat fest. Hohe Nitratwerte beeinträchtigen die Nutzung des Grundwasssers als Trinkwasser. Die Landesarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) hat in Niedersachsen einen Nitratwert über 25 mg/Liter als Frühwarnwert eingeführt. Die landwirtschaftliche Bodennutzung auf 61 Prozent der Landesfläche ist die größte Belastungsquelle für das Grundwasser. Der Anstieg der Nitratwerte betrifft hauptsächlich Regionen mit intensiver Tierhaltung, verstärktem Grünlandumbruch und großflächigem Energiemaisanbau in Kombination mit leicht durchlässigen Böden. Die Ursache ist eindeutig: In Niedersachsen sind die Düngegaben durchschnittlich 109 Kilogramm pro Hektar und Jahr höher, als von den angebauten Nutzpflanzen aufgenommen werden kann. Im westlichen Niedersachsen sind es bezogen auf die Fläche eines Landkreises sogar mehr als 140 kg pro Hektar und Jahr. Diese Überschüsse können – ungeachtet von begrenzten Umbauprozessen im Boden und im Gestein – in das Grundwasser und damit in unserem Trinkwasser gelangen.In Grundwasserleitern erfolgt ein teilweiser Nitratabbau mit Hilfe von dort geogen vorhandenen Eisensulfiden. Dabei werden diese schrittweise aufgebraucht, da eine Bildung bzw. Nachlieferung dieser Mineralien nicht möglich ist. Das Abbaupotential erschöpft sich also zunehmend, so dass es letztlich zu einem dauerhaften Anstieg der Nitratkonzentrationen im Grundwasser kommen wird. Dieses Problem ist auf mittlere Sicht nur zu lösen, wenn Zeitpunkt und Menge der Düngung dem Nährstoffbedarf der Pflanzen angepasst werden. Bisher wurden in Niedersachsen noch nicht einmal die ohnehin viel zu laxen düngerechtlichen Vorgaben umgesetzt,da die Kontrollen unzureichend waren und es bislang keinen Abgleich zwischen Flächenverfügbarkeit und Düngemengen gab. Mit der von Rot-Grün auf den Weg gebrachten betriebsbezogenen Erfassung der Düngemengen ändert sich das. Damit wird deutlich, in welchem Betrieb wie viel Dünger aus der Tierhaltung oder der Biogasanlage anfällt und auf welche Flächen dieser verbracht wird. Doch die tatsächliche Umsetzung düngerechtlicher Vorgaben kann nur der Anfang sein, denn nicht nur aus Sicht der Grünen sind diese Vorgaben des Bundes völlig unzureichend. Auf Druck der EU-Kommission, die ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des Verstoßes gegen die EU-Nitratrichtlinie gegen Deutschland eingeleitet hat, muss die schwarz-rote Bundesregierung die Düngeverordnung ändern. Der inzwischen vorgelegte erste Entwurf macht deutlich, dass die Große Koalition nicht willens oder in der Lage ist, die EU-Nitratrichtlinie konsequent zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher umzusetzen. Die Grünen Niedersachsen kämpfen daher gemeinsam mit anderen grün-mitregierten Ländern im Bundesrat dafür, dass die Weichen endlich in die richtige Richtung gestellt werden: für einen umfassenden Grundwasserschutz im Interesse der Gesundheit aller Bürgerinnen und Bürger. Tierschutz ernst nehmen – gesündere Tiere durch bessere Haltungsbedingungen Die Anfälligkeit für Krankheiten bei den Nutztieren entsteht durch Enge, Bewegungsmangel, Überzüchtung und hohe Tierzahlen in einem Stall. Auf einem Quadratmeter drängen sich Masthühner mit einem Gesamtgewicht von bis zu 38 kg und Puten bis zu 58 kg, ein bis 110 kg schweres Mastschwein muss mit 0.75 qm auskommen. Eine Zuchtsau verbringt etwa die Hälfte eines Jahres fast bewegungsunfähig im „Ferkelschutzkorb“ bzw. im Kastenstand. Mit Amputationen der Schweineschwänze und der Schnabelspitzen bei Puten und Legehennen sowie dem Ausbrennen der Hornansätze bei Rindern verhindert man, dass die Tiere sich gegenseitig verletzen. Auch die auf Hochleistung ausgerichtete Zucht macht Tiere krankheitsanfällig. Herz und Kreislauf können mit dem raschen Muskelwachstum nicht Schritt halten. Bei Puten, Masthühnern und Enten führt das enorm schnelle Wachstum des Brustmuskels zu Knochendeformationen und massiven Bewegungseinschränkungen; Milchkühe leiden verstärkt an Euterentzündungen, Stoffwechselstörungen und Erkrankungen der Klauen. Die von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt angestrebten freiwilligen Vereinbarungen mit den Verbänden und der Nahrungsmittelindustrie sind nicht geeignet, den Tierschutz zu verbessern. Die Landwirtschaftsminister der Grünen sollten eine Tierhaltungskennzeichnung vorantreiben und eine klare Definition von „Qualzucht“ einfordern. In Niedersachsen ist der von Christian Meyer beschrittene Weg einer konsequenten Umsetzung des Tierschutzplans sehr zu begrüßen. Die Einführung des Verbandsklagerechts für Tierschutzverbände in Niedersachsen ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Geplant ist die sog. Feststellungsklage. Die schärferen Formen des Verbandsklagerechts (Anfechtungsklage, Verpflichtungsklage) sollten ebenfalls gesetzlich fixiert werden. Der im Grundgesetz verankerte und in der Bundesgesetzgebung fixierte Tierschutz muss endlich konsequent umgesetzt werden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen setzen sich dafür ein: Der Bund muss über eine entsprechende Novelle des Bundesarzneimittelgesetzes endlich sicherstellen, dass sogenannte Notfall- oder Reserveantibiotika ausschließlich in der Human- und nicht in der Tiermedizin eingesetzt werden. Dabei sind wirksame Kontrollen und empfindliche Sanktionen bei Verstößen unerlässlich. Tierschutz und Schutz der menschlichen Gesundheit stehen in einem engen Zusammenhang. Wenn die Haltungsbedingungen so verändert werden, dass die Tiere grundlegende arteigene Bedürfnisse ausleben können, werden Antibiotikagaben in großem Stil überflüssig. Das bedeutet mehr Tierschutz, eine Verringerung der Besatzdichte und klare Obergrenzen für die Tierhaltung. Die baurechtliche Privilegierung sollte daher für alle großen Ställe aufgehoben werden. Die ökologische Freilandhaltung verwendet und benötigt deutlich weniger Antibiotika als die industrielle Massentierhaltung. Auch sind an Freilandschweinen nach Untersuchungen der TiHo Hannover zwei Drittel weniger gefährliche Keime zu finden als bei Schweinen in großen Industrieställen. Antibiotika dürfen nicht zur Kaschierung schlechter Haltungsbedingungen verwendet werden. Es muss ein Ausstieg aus der „Metaphylaxe“ auf den Weg gebracht werden. Es darf nicht sein, dass ganze Tierbestände mit Antibiotika behandelt werden, obwohl nur einzelne Tiere erkrankt sind. Stallbauten und Stallhaltungssysteme müssen zukünftig so ausgelegt sein, dass die Behandlung von Einzeltieren, bzw. von Kleingruppen möglich ist. Das Dispensierrecht der Tierärztinnen und Tierärzte muss zumindest im Nutztierbereich muss eingeschränkt werden. Dafür fordern wir Grünen vom Bund die gesetzlichen Grundlagen. Damit besteht die Möglichkeit sicher zu stellen, dass Tierärztinnen und Tierärzte sich ausschließlich ihrer Kernaufgabe der Behandlung kranker Haus- und Nutztiere widmen und nicht in die Versuchung geraten, durch den Verkauf von Medikamenten ein zusätzliches Einkommen zu erzielen. Der Mengenrabatt auf Antibiotika muss verboten werden, damit der finanzielle Anreiz wegfällt, möglichst große Mengen an Antibiotika abzugeben, bzw. einzukaufen. Die Untersuchungen über die Verbreitung von Antibiotika-Wirkstoffen und deren Metaboliten, sowie von Keimen aus der Nutztierhaltung müssen verstärkt werden. Dabei gilt es insbesondere, die Auswirkungen der Tiermedikamente auf Grundwasser, Oberflächengewässer und Böden zu analysieren. Durch entsprechende rechtliche Vorgaben muss sichergestellt werden, dass multiresistente Keime nicht massenhaft beim Transport und bei der Lagerung von Gülle , Mist und Hühnerkot in die Umwelt gelangen. Die Zwischenlagerung von Wirtschaftsdünger auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ist einzuschränken. Bei der anstehenden Novelle der Düngeverordnung muss sichergestellt werden, dass organischer und anorganischer Dünger nur noch in der Menge und nur noch zu den Zeiten ausgebracht wird, in der eine weitgehend vollständige Verwertung der Düngestoffe sichergestellt werden kann. Zusätzlich zu der von der Europäischen Union ab April 2015 vorgeschriebenen Herkunftskennzeichnung von Fleischprodukten muss eine staatliche Tierschutzkennzeichnung, ähnlich wie die erfolgreiche Kennzeichnung von Eiern, vorgenommen werden. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher sollte klar und einfach erkennbar sein, nicht nur wo, sondern vor allem wie und in welcher Tierhaltungsform produziert wurde. Zur Vermeidung der weiteren Verbreitung von multiresistenten Keimen soll die Durchführung eines Screenings vor Aufnahme in die stationäre Behandlung verpflichtend werden. Auch die Finanzierung dafür muss über Bundesgesetzgebung extrabudgetär sichergestellt werden. Ein Umbau der Art und Weise unserer Landwirtschaft und der Produktion von Lebensmitteln ist der entscheidende Hebel für den notwendigen Trinkwasserschutz und Gesundheitsschutz. Durch eine konsequente Agrarwende wird es uns gelingen, endlich auch dem Schutz der Gesundeit des Menschen und dem Tierschutz den notwendigen Stellenwert zu sichern. Grüne wollen die Ausbreitung von multiresistenten Keimen bei den Menschen eindämmen Die häufige Einnahme von Antibiotika und die massenhafte Verabreichung bei der Massentierhaltung birgt erhebliche Risiken für Menschen und Tiere: Dadurch entstehen Antibiotika-Resistenzen, wodurch es in vielen Fällen bei den Menschen zu lebensgefährlichen Infektionen kommen kann, die nicht mehr mit den zur Verfügung stehenden Antibiotika behandelt werden können. Die zunehmende Verbreitung der multiresistenten Keime hat in deutschen Kliniken zu einer Keimbelastung geführt, die eine erschreckende Aktualität bekommen hat – vor kurzer Zeit gab es die tragischen Vorfälle auf einer Frühchen-Station in Bremen, dann jetzt die traurigen Vorkommnisse in Kliniken wie in Kiel und Hamburg. Die Zahl der Todesfälle, die im Zusammenhang mit Infektionen aufgrund sogenannter Krankenhauskeime stehen, wird seitens der Bundesregierung auf jährlich bis zu 15.000 Tote geschätzt. In Kliniken soll mit der Bestellung von hauptamtlichen Hygienebeauftragten das Infektionsrisiko gezielt gesenkt werden, außerdem soll die Einführung eines MRSA-Eingangsscreenings geprüft werden. Die Niederlande sind eines der wenigen europäischen Länder, das die Ausbreitung von MRSA-Keimen in Krankenhäusern drastisch senken konnte, weil hier sowohl die Ursachen in der Tiermast bekämpft als auch die Risikovorsorge in den Krankenhäusern deutlich verbessert wurden. Nach dem Prinzip ”search and destroy“ werden bestimmte Risikogruppen gezielt einem MRSA-Screening unterzogen und dann ggf. behandelt. Nach Einführung eines allgemein verpflichtenden MRSA-Screenings und -Präventionssystems fiel in den Niederlanden die stationäre MRSA-Rate auf 1 bis 3 %. Durch den zu sorglosen Umgang mit Antibiotika bei Menschen wird die Entstehung von Resistenzen zusätzlich begünstigt, insgesamt werden ca. 80% dieser Medikamente im ambulanten Bereich verschrieben. Hier werden – zum Teil auf Wunsch der Patientinnen und Patienten manchmal sehr schnell entsprechende Antibiotika verordnet – mit den bekannten negativen Folgen. Eine entsprechende Aufklärung sollte auch im Rahmen der „Gesundheitsregionen“ unterstützt werden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen setzen sich dafür ein: dass durch eine bessere Aufklärung über die Verwendung von Antibiotika bei den Menschen die Folgen und Risiken der Behandlung im Verhältnis zum Nutzen deutlicher werden, dass hauptamtlich eingesetzte Hygienebeauftragte in den Krankenhäusern zur Pflicht werden. Kliniken in einer Größenordnung von mehr als 400 Betten müssen eine hauptamtliche Hygienebeauftragte oder einen hauptamtlichen Hygienebeauftragten einsetzen. In kleineren Einrichtungen und auch in Pflegeheimen muss eine Gefährdung der Gesundheit von Menschen durch andere geeignete Maßnahmen ebenfalls möglichst ausgeschlossen werden, dass ein verpflichtendes MRSA-Screening und die Untersuchung auf andere gefährliche Keime bei der Aufnahme in Kliniken und Pflegeheimen nach dem holländischen Modell geprüft und die Finanzierung hierfür geklärt wird, dass zur Senkung von Infektionen mit multiresistenten Keimen im ambulanten wie stationären Bereich eine konsequente Aufklärung und Fortbildung von allen Beteiligten im Pflege- und Krankenhausbereich sichergestellt wird.