Kommunale Energiewende 28. Mai 20161. November 2017 Auf der Klimakonferenz von Paris hat sich die Staatengemeinschaft im Dezember 2015 endlich auf ein Abkommen zur Bekämpfung des Klimawandels verständigt: Der durch menschliches Handeln verursachte globale Temperaturanstieg soll auf zwei Grad, möglichst sogar auf 1,5 Grad begrenzt werden. Diese Einigung war dringend geboten, denn seit der ersten UN-Klimakonferenz sind 20 Jahre nahezu ungenutzt verstrichen. Die Folgen der Klimakrise sehen wir bereits: Die Zunahme von Extremwetter-Ereignissen in allen Weltregionen gefährdet Menschen, Tiere und ihren Lebensraum. Lang anhaltende Dürren bedrohen die Wasserversorgung und sind Ursache für Missernten und damit für Hunger, der wiederum zu den wesentlichen Fluchtursachen zählt. Eine ungebremste globale Erwärmung würde aus der Klimakrise eine Katastrophe machen, große Landstriche wären unbewohnbar und dicht besiedelte Küstenregionen und Inselstaaten nicht mehr gegen den steigenden Meeresspiegel zu halten. Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen der Klimakrise würden vielerorts Staat und Bevölkerung überfordern. Als Agrar- und Küstenland ist Niedersachsen stärker von der Klimakrise betroffen als andere Bundesländer. Extreme Wetterereignisse wie Starkregen, Stürme oder auch Trockenperioden treten inzwischen deutlich häufiger auf und richten erhebliche Schäden in der Landwirtschaft und in unseren Wäldern an. An unseren Flüssen gibt es verstärkt Hochwasserereignisse. Nicht nur an der Elbe haben wir innerhalb eines guten Jahrzehnts gleich mehrere “Jahrhunderthochwasser“ erleben müssen. Sowohl an den Flüssen als auch an unserer Küste führen die drohenden Fluten zu erheblichen Mehraufwendungen. Der Kampf gegen die Klimakrise ist damit sowohl eine Frage globaler Verantwortung als auch des Schutzes unserer Dörfer und Städte in unserer niedersächsischen Heimat. Niedersachsen ist in Deutschland führend beim Ausbau der Windenergie an Land (> 8300 Megawatt installierte Leistung), bei der Nutzung von Biomasse und bedeutender Standort der Wind-Offshore-Industrie. 40 Prozent des Strombedarfs unseres Landes werden inzwischen aus Erneuerbaren Energien gedeckt. Das Energieszenario der Grünen-Landtagsfraktion geht davon aus, dass das Flächenland Niedersachsen noch vor Mitte dieses Jahrhunderts seinen Energiebedarf vollständig aus Erneuerbaren Energien decken kann. Ein wichtiger Beitrag zum Schutz des Klimas wird durch den verbesserten Schutz der Moore erreicht, die eine wichtige CO2-Senke darstellen. Auch durch eine Umstellung der Agrarwirtschaft sind erhebliche Treibhausgasminderungen (Methan und Lachgas) erreichbar. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kämpfen in Deutschland seit mehr als einem Vierteljahrhundert gegen die Klimakrise. Mit der Einführung der Ökosteuer, dem Erneurbare-Energien-Gesetz (EEG) und dem Atomausstieg konnten unter grüner Regierungsbeteiligung Meilensteine für die Energiewende gelegt werden. Deutschland war zeitweise Vorreiter beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und konnte eine starke Wind- und Solarenergiebranche aufbauen. Der CO2-Ausstoß in Deutschland ist jedoch durch massive politische Fehlentscheidungen der amtierenden Bundesregierung und ihrer schwarz-gelben Vorgängerin seit 2009 wieder gestiegen. Die Kohleverstromung in alten ineffizienten Stein- und vor allem Braunkohlekraftwerken hat bei der vorgebliche Klimakanzlerin Merkel eine Renaissance erlebt. Die Solarengiebranche musste in den vergangenen Jahren einen massiven Einbruch mit einem schmerzhaften Verlust von Arbeitsplätzen hinnehmen. Die Bundesregierung setzt trotz Kritik auf einen Systembruch bei der Förderung der Erneuerbaren Energien. Sie streicht die feste Einspeisevergütung. Stattdessen wird die Finanzierung neuer PV- und Windenergie-Anlagen nun über komplizierte Ausschreibungsmodelle ermittelt. Der bisher dynamische Ausbau wird in Zukunft durch Planwirtschaft à la Gabriel ersetzt. Wenn Deutschland, das bisher weltweit als führend angesehene Land bei der Energiewende und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien derart auf die Bremse tritt, hat das eine fatale Signalwirkung. Kein Entwicklungsland und erst recht nicht die besonders schnell wachsenden Schwellenländer werden sich dann noch von den Angeboten der Lobbyistinnen und Lobbyisten für mehr Kohleverstromung und Atomanlagenneubau abhalten lassen, wenn selbst die einstmals vorbildlichen Deutschen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien zögern. Um die ambitionierte wie nötige Zielsetzung der Pariser Beschlüsse, also die Begrenzung des Temperaturanstiegs auf zwei, wenn möglich sogar 1,5 Grad, zu erreichen, sind deshalb gerade bei uns als „Erfinderinnen und Erfinder“ der Energiewende enorme Anstrengungen aller Ebenen zur CO2-Minderung erforderlich. Deutschland trägt gerade in dieser Frage eine globale Verantwortung. Zuvorderst brauchen wir größere Anstrengungen bei der Energieeinsparung und der Effizienzsteigerung. Die beste Energie ist die eingesparte. Insbesondere die energetische Sanierung von öffentlichen und privaten Gebäuden sowie die qualifizierte Beratung von Unternehmen wie auch Privathaushalten bieten riesige Energieeinsparpotenziale. Der Ausbau und die Verstetigung der Erneuerbaren Energien muss weiter vorangetrieben werden; insbesondere im Wärmesektor ist ein Umsteuern zu nachhaltigerer Wärmenutzung und -erzeugung nötig und der Verkehrssektor muss in Richtung klimafreundliche Mobilität umgelenkt werden. Dabei kommt besonders den Kommunen eine zentrale Rolle zu. Es gilt global zu denken und lokal zu handeln und die Energiewende vor Ort umzusetzen. Dafür brauchen wir eine kommunale Planung, die Klimafreundlichkeit bei der Raumordnung, der Energieversorgung und der Mobilitätsorganisation den absoluten Vorrang einräumt; die außerdem den notwendigen Ausbau der Erneuerbare-Energien-Erzeugung aktiv gestaltet und die großen Chancen der Energiewende für die regionale Wertschöpfung nutzt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen setzt sich deshalb dafür ein, dass die dezentrale Ausrichtung der Energiewende gewahrt bleibt und Bürgerenergieprojekte Vorzug erhalten: Die Energiewende muss vor allem dezentral und in Bürgerhand vorangetrieben werden. Die breite Beteiligung und Einbindung der Bürgerinnen und Bürger sorgt für die nötige Akzeptanz des weiteren Ausbaus der Erneuerbaren Energien vor Ort und stärkt zudem die lokale Wirtschaft. Die laufende EEG-Reform muss das berücksichtigen und darf Bürgerenergieprojekte nicht diskriminieren, dass energetische Sanierungen für alle gefördert werden und das lokale Handwerk klare Marktanreize erhält, dass der Bund die Kommunen finanziell so stärkt, dass diese ihre energetischen Sanierungs- und Effizienzaufgaben auch wahrnehmen können, dass die bestehenden Klimaschutzagenturen gestärkt und dieses Beratungs- und Koordinierungsangebot flächendeckend wird, dass kommunale Energieunternehmen in kommunaler Hand bleiben, und/oder neu gegründet werden und sie faire Marktchancen bei der Erzeugung und dem Vertrieb von Energie und Energiedienstleistungen bekommen, dass die Kommunen ihre Rolle als Vorbild wahrnehmen und den eigenen Gebäudebestand, den Fuhrpark, Straßenbeleuchtung und die Beschaffung klimafreundlich gestalten, dass Kommunen über Instrumente wie städtebauliche Verträge für Neubaugebiete ambitionierte Energiestandards für Gebäude (+Energie/Passivhaus oder Einsatz von Photovoltaik) festlegen, dass in allen Kommunen Klimaschutzkonzepte entwickelt und Umsetzungsprogramme auf den Weg gebracht werden, dass emissionsfreie Mobilität gestärkt wird durch intelligente Raumplanung und konsequenten Vorrang für den Umweltverbund (Bahn, Bus, Rad und Fuß) vor dem motorisierten Individualverkehr mit Verbrennungsmotor, dass auch der Güterverkehr durch Elektro-Transporter im Nahbereich und im Fernbereich durch die Eisenbahn verstärkt klimaneutral abgewickelt wird.