Europa: Für gute Arbeit und faire Löhne 14. April 2024 Europa als Garantin für Frieden, Freiheit und Wohlstand: Diese einstige Gewissheit wird heute mehr denn je bedroht. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine macht mit all seinen Folgen deutlich, wie fragil dieses Versprechen und wie wertvoll ein geeintes Europa für uns alle ist. Rechtsextreme und Faschist*innen sind europaweit auf dem Vormarsch. Sie nutzen die Krisen und Unsicherheiten unserer Zeit und stellen die freie, vielfältige Gesellschaft überall infrage. Das System dahinter: Ängste schüren und Menschen gegeneinander ausspielen, um die eigene Agenda umzusetzen. Die extreme Rechte will ein anderes, ein gespaltenes Europa, sie lehnt Prinzipien der Demokratie ab und verachtet Minderheitenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Am Ende gibt sie keine Antwort auf die tatsächlichen Herausforderungen unserer Zeit. Für uns GRÜNE in Niedersachsen ist klar: Nur ein sozial gerechtes und solidarisches Europa ist zukunftsfähig. Wir Grüne sind Europapartei und überzeugte Demokrat*innen. Deshalb stehen wir für eine souveräne, demokratische und handlungsfähige Europäische Union. Europäische Interessen sind für uns niedersächsische Interessen. Wir liegen im Herzen Europas. Die wirtschaftlichen Verflechtungen durch Import und Export mit der Europäischen Union sind groß. Auf kommunaler Ebene haben rund 450 niedersächsische Kommunen Partnerschaften mit Kommunen aus anderen EU- Mitgliedstaaten. Nicht zuletzt haben wir darum in unserem Koalitionsvertrag klare Ziele festgelegt, wie Niedersachsen noch enger mit Europa zusammenwachsen und dadurch weiter profitieren kann. Die letzten Jahre haben uns gezeigt, wie gefährlich anti-europäische Kräfte sind, insbesondere, wenn Europa nicht sichtbar und spürbar wird vor Ort und wenn Menschen daran zweifeln, dass Politik für sie da ist. Es gilt darum: Europa in Niedersachsen spürbar machen und Niedersachsen in Europa. Soziale Gerechtigkeit garantieren Unsere Welt befindet sich im Wandel, und damit einher gehen viele Unsicherheiten und finanzielle Sorgen. Wenn die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht und Menschen ihre Miete oder Essen nicht mehr zahlen können, stellt sich die Gerechtigkeitsfrage immer lauter. Für mehr Zusammenhalt und Zuversicht muss die Europäische Union darum sozial gerechter werden. Wir wollen eine EU, in der alle Menschen ein gutes und sicheres Leben haben: mit fairen Löhnen, verlässlichen Arbeitsbedingungen, sozialer Sicherheit und Schutz vor Diskriminierung und Ausbeutung. So stärken wir das Zutrauen der Bürger*innen in eine handlungsfähige Europäische Union und nicht zuletzt in unsere Demokratie. Eine Europäische Union als eine soziale Union ist auch ein Versprechen an die Breite der Gesellschaft. Bürger*innen müssen sich darauf verlassen können, dass sie sozial abgesichert sind, egal ob in unvorhergesehenen Notlagen oder in der Rente. Jeder Mensch hat das Recht auf ein menschenwürdiges Leben, und dazu gehört ein Leben ohne Armut. In jedem Europäischen Mitgliedsstaat braucht es starke, armutsfeste Sozialsysteme. Transformation gestalten Unternehmer*innen wünschen sich eine Umgebung, die transformationsfreundlich und offen ist. In der Investitionen mittel- und langfristig Früchte tragen. In der motivierte, gut ausgebildete Arbeitnehmer*innen sowohl nach innen als auch nach außen zum Erfolg eines Unternehmens beitragen. Für uns GRÜNE ist dies untrennbar mit dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit sowie Chancengleichheit der Arbeitnehmer*innen verbunden. Dazu zählen die Gleichbehandlung am Arbeitsplatz sowie die Bekämpfung sozialer Ausgrenzung. Die Grundsätze für ein soziales Europa sind in der Europäischen Säule sozialer Rechte angelegt. Dabei darf es aber nicht bei Grundsätzen und Empfehlungen bleiben. Wir wollen rechtsverbindliche und einklagbare Arbeits- und Sozialstandards daraus ableiten. Die Europäische Union muss zur Verbesserung des Status Quo geschlossen vorgehen und braucht mehr finanzielle Mittel und Instrumente, um gemeinsam Strategien anzuwenden. Dies bedeutet unter anderem, die Steuer für Superreiche einzuführen und konsequent Steuerschlupflöcher zu schließen sowie Steuerbetrug besser zu verfolgen. Denn wir sehen derzeit, dass die Mittelschicht zahlt, Milliardäre aber nicht. Es bedeutet aber auch, die bereits bestehenden Möglichkeiten effizienter zu nutzen. Klar ist: Aus Krisen spart man sich nicht heraus, man investiert sich antizyklisch heraus. Nachfolgende Generationen werden uns nicht dafür danken, besonders gut gespart zu haben, sondern dafür, dass wir klug und nachhaltig investiert haben. Dafür muss der Stabilitäts- und Wachstumspakt der Europäischen Union so überarbeitet werden, dass die Schuldenbremse grundlegend reformiert wird. Nachhaltig wirtschaften Damit wir in Zukunft sicher und gut leben können, muss die Klimakrise noch ernsthafter angegangen werden. In Niedersachsen befinden wir uns mit den Anstrengungen der Landesregierung auf einem hervorragenden Weg. Die Europäische Union muss jedoch ihre weitergehenden Hebel zur Bekämpfung der Klimakrise voll ausschöpfen, um ihre Bürger*innen zu schützen. Dies gelingt beispielsweise durch die zügige Abkehr von fossilen Energieträgern wie Erdgas, Kohle und Öl. Wir wollen die Vergabe von EU-Fördergeldern an Standards wie Transformationspflichten, Tariftreue und eine Standortgarantie knüpfen. Das gilt insbesondere auch für Branchen, die sich von alten Geschäftsmodellen verabschieden müssen. Hier muss aktiv daran gearbeitet werden, Beschäftigte für neue Aufgaben zu qualifizieren und zu halten. Auf Landesebene ist unser Ziel, den sozial-ökologischen Umbau unserer Wirtschaft und Gesellschaft in den Mittelpunkt der Vergabe von EU-Fördermitteln zu stellen. Fördermaßnahmen müssen dem Erreichen der Klimaziele des Landes dienen und die Schaffung vielfältiger sozialer Infrastrukturen, soziale Daseinsvorsorge, regionale Wertschöpfung und nachhaltige Mobilitätsangebote voranbringen. Mit gezielter Regionalentwicklung soll die Transformation vor Ort erfolgreich umgesetzt werden, damit ländliche Räume mit ihren Städten und Gemeinden sowie große Städte lebenswerte Orte sind. Dafür muss die Förderung einfacher werden. Arbeitsbedingungen gemeinsam verbessern Die Gewerkschaften der Europäischen Union sind ein Schlüssel zur Durchsetzung fairer Löhne, für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Mitsprache am Arbeitsplatz. Für ihre Rechte und ihre wesentliche demokratische Rolle innerhalb der EU-Institutionen kämpfen wir. Dafür brauchen sie mehr Rechtssicherheit, besseren Rechtszugang und höhere Durchsetzungsmöglichkeiten. An der Seite der Europäischen Betriebsräte wollen wir die EU-Kommission dazu auffordern, endlich die bestehende Richtlinie zu den Europäischen Betriebsräten zu überarbeiten und Ausnahmeregeln zu beenden. Insbesondere in länderübergreifenden Branchen, die oft aus dem Sichtfeld und damit allzu leicht ins arbeitsrechtliche Dunkelfeld geraten, wie etwa EU-Transporte bzw. Speditionsbranche, braucht es starke Vertreter*innen für die Beschäftigten. Die Arbeitswelt wandelt sich rasant für viele Beschäftigte in Niedersachsen. Arbeiten wird immer digitaler und flexibler. Die Chancen, die sich daraus für Betriebe und Arbeitnehmende ergeben, müssen genutzt werden, ohne dabei Ausbeutung und Überwachung in der digitalen Arbeitswelt zuzulassen. Wir unterstützen ausdrücklich die Einführung einer Richtlinie, mit der EU-weit im Homeoffice gearbeitet werden kann. Die Mindestlohnrichtlinie ist ein konkreter Erfolg. In Deutschland muss dieser Weg fortgesetzt werden und die EU-Empfehlung, den Mindestlohn an 60% des Medianlohns zu koppeln, umgesetzt werden. Aber auch für ganz Europa muss es ein wirksames Monitoring geben, damit Dumpinglöhne EU- weit der Vergangenheit angehören und sich Arbeit lohnt. Wer ackert, soll auch ernten können Die Situation der Landarbeiter*innen und Landwirt*innen ist extrem herausfordernd. Die Klimakrise bringt höheren Risiken für Extremwetter. Unsere Landwirtschaft ist sowohl von Hochwasser als auch von Dürre sowie dem Verlust an gesunden Böden stark bedroht. Die aktuelle Agrarpolitik der Europäischen Union schützt kleinere und mittlere Familienbetriebe in Niedersachsen und in vielen EU-Ländern noch nicht ausreichend vor diesen Folgen der Klimakrise. Die Landesregierung setzt sich für den notwendigen Transformationsprozess auf unseren niedersächsischen Betrieben ein. Dazu zählt für uns GRÜNE das klare Bekenntnis zur bäuerlichen Landwirtschaft. Doch wir alleine können die Probleme nicht lösen. Die strukturellen Defizite im Agrarsektor müssen wir europäisch angehen, unsere kleinen und mittleren Betriebe stärken und die EU- Landarbeiter*innen vor schlechten Arbeitsbedingungen schützen. Unnötige Hürden der Bürokratie wollen wir abbauen, ohne dabei wichtige ökologische und soziale Standards zu schleifen – für mehr Hofarbeit statt Schreibtischzeit. Für gute Pflege sorgen Deutschland ist auf Pflegekräfte aus dem EU-Ausland und Drittstaaten zwingend angewiesen. Wir setzen uns dafür ein, die Arbeitsbedingungen für alle Pflegekräfte in den EU-Mitgliedsstaaten zu verbessern. Für Pflegende sowohl im beruflichen als auch im häuslichen Umfeld muss die Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben gestärkt werden. Freiheit und Perspektiven für eine sichere Zukunft Europa ist eine Einwanderungsunion mit großem Arbeits- und Fachkräftemangel. Wir fordern darum mehr Bemühungen bei der Fachkräftegewinnung durch eine umfassende EU-Fachkräftestrategie. Hierfür möchten wir die EU-Blue-Card auf nicht- akademische Berufe ausweiten, wenn ein konkretes Jobangebot zu marktüblichen Konditionen vorliegt. Perspektiven, Teilhabe und Integration müssen dabei stets gesichert sein und Hürden abgebaut werden. Mit dem Europäischen Sozialfonds (ESF) verfügt die EU über ein gutes finanzielles Instrument zur Förderung von Beschäftigung und sozialer Eingliederung. Er unterstützt auch bei uns in Niedersachsen Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung und Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Die Beschäftigungschancen besonders von benachteiligten Langzeitarbeitslosen, jungen Menschen und migrantisierten Menschen werden dadurch erhöht. Diese Erfolgsgeschichte möchten wir fortführen und verstärken. Wir wollen das Arbeits-, Sozial- und Aufenthaltsrecht harmonisieren – sowohl für EU-Bürger*innen als auch Drittstaatsangehörige. Dazu gehören das Recht der Arbeitnehmer*innen, sich frei zu bewegen und niederzulassen, das Zuzugs- und Aufenthaltsrecht für Familienmitglieder und das Recht, in einem anderen Mitgliedstaat der EU zu arbeiten und ebenso wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats behandelt zu werden. Eine auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen darf es nicht geben. Erstmals dürfen bei der bevorstehenden Europawahl auch Menschen ab 16 Jahren ihre Stimme abgeben. Damit sich junge Menschen in den politischen Prozess einbringen können, sollen sie mehr Mitsprache bekommen – und auch wählen dürfen. Dieser große Erfolg, ein eingelöstes Wahlversprechen, wirkt sich nachhaltig auf die bessere politische Beteiligung junger Menschen aus. Dies stärkt das Bewusstsein für die Verantwortung über die Zukunft der Europäischen Union, denn gerade für junge Menschen ist die EU elementarer Bestandteil ihrer Zukunft. Dafür muss Europa aber auch attraktiv und nahe an den Lebensrealitäten sein: Durch die Freizügigkeit können junge Menschen ganz Europa entdecken, sich mit anderen europäischen Jugendlichen austauschen, neue Sprachen lernen und den Wert eines gemeinsamen europäischen Zuhauses erleben. Das stärkt den Zusammenhalt und ist ein gutes Fundament für Völkerverständigung und Frieden. In Niedersachsen bekennen wir uns klar dazu, diese Maßnahmen voll und ganz zu unterstützen. Außerdem bauen wir die Europabildung an Schulen weiter aus. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, eine faire Verteilung von Macht, mehr Frauen in Chefpositionen und in den Parlamenten, kurz: eine geschlechtergerechte Gesellschaft – und ein geschlechtergerechtes Europa – ist unser Ziel. Wir befürworten deshalb explizit Programme, die die Gleichstellung der Geschlechter fördert und Maßnahmen gegen Diskriminierung umsetzt. Wir fordern in unserem Wahlprogramm einen Bonus für Unternehmen, die aktiv Frauen in Branchen fördern, in denen sie noch immer unterrepräsentiert sind. Unternehmen und Betriebe aus Branchen, in denen bislang unterdurchschnittlich viele Frauen beschäftigt sind, können den Bonus bei der EU-Fördermittelvergabe erhalten, wenn sie überdurchschnittlich viele Frauen ausbilden oder beschäftigen. Die Gewerkschaften sind hierbei unsere Verbündeten. Gemeinsam mit ihnen und den Betrieben arbeiten wir daran, eine gleichberechtigte Teilhabe und gleiche Bezahlung der Geschlechter sicherzustellen. Gleichzeitig wollen wir die Bezahlung, Arbeitsbedingungen und Anerkennung von derzeit noch überwiegend weiblich besetzten Berufsfeldern gezielt verbessern. UN-Behindertenrechtskonvention auch am Arbeitsplatz wirksam umsetzen Menschen mit Behinderung werden immer noch in vielen Lebensbereichen diskriminiert. Wir sagen: Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist ein Menschenrecht, das für alle gilt. Vor nun über zehn Jahren ist in der Europäischen Union die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Kraft getreten. Diese verpflichtet die Mitgliedsstaaten dazu, Teilhabe, ein selbstbestimmtes Leben, Zugänglichkeit und Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung zu garantieren. Dennoch wird die UN-BRK nach wie vor weitgehend ignoriert – sei es beim Wohnen, Arbeiten oder Reisen. Wir Grüne in Niedersachsen sagen: Die Europäische Union muss mehr Druck auf ihre Mitgliedstaaten ausüben, damit die EU endlich der UN-BRK nachkommt. Wir fordern darum verpflichtende Diversitätsquoten, bessere Unterstützung für Unternehmen und das Auslaufen von Behindertenwerkstätten sowie die gezielte Stärkung von inklusiven Alternativen. Inklusion heißt: Menschen mit und ohne Behinderung haben die gleichen Rechte und können zusammen arbeiten, statt getrennt. Entsprechend gilt für alle der Arbeitnehmer*innen-Status und der gesetzliche Mindestlohn. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass die Europäische Union sowohl in sich als auch im europäischen Wettbewerb funktioniert. Ein starkes und geeintes Europa bietet die beste Garantie für Frieden, Freiheit, Wohlstand und Sicherheit für alle Menschen. Wir wollen Europa schützen, damit es uns schützt. Wir wollen ein Europa der Solidarität, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte, das nicht allein nationalstaatliches Interesse, sondern die Gemeinschaft im Blick hat. Wir wollen die Errungenschaften der EU erhalten und sie zugleich weiterentwickeln, hin zu einer nachhaltigen, demokratischen und sozial gerechten Gemeinschaft. So stärken wir das Zutrauen der Bürger*innen in eine handlungsfähige Europäische Union, die den Demokratiefeinden keinen Raum lässt.