Schluss mit prekären Arbeitsbedingungen für studentisch Beschäftigte! Tarifvertrag Jetzt! 14. April 2024 I. Die Beschäftigungsbdingungen an den Hochschulen sind geprägt durch Kettenbefristungen, kurze Vertragslaufzeiten und damit hohe Abhängigkeiten von Vorgesetzten. Für Beschäftigte bedeuten diese prekären Arbeisbeidungen vielfache Unsicherheit. Viele Beschäftigten wissen nicht, ob sie in ein paar Monaten noch einen Job haben. Diese Unsicherheiten bieten einen fruchtbaren Boden für Machtmissbrauch. Dies betrifft in einem besonderen Maße studentisch Beschäftigte, bei denen die Fluktuation häufig besonders hoch ist. Viele von ihnen wissen wenig über ihre eigentlichen Rechte als Arbeitnehmer*in und verbindliche Regelungen werden in der Praxis oft nicht eingehalten. Viele studentisch Beschäftigte leisten unbezahlte Überstunden, sind im unklaren über Regelungen für den Krankheitsfall und Urlaubsansprüche und arbeiten oft zeitweise ohne Arbeitsvertrag. Viele Daten und Zahlen zur Situation studentisch Beschäftigter hat die Studie „Jung, akademisch, prekär? Studentische Beschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen: eine Ausnahme vom dualen System regulierter Arbeitsbeziehungen.“des Instituts Arbeit und Wirtschaft an der Universität Bremen gesammelt. Insgesamt 11.000 studentische Beschäftigte wurden hierfür befragt. Diese Studie macht das Ausmaß der Probleme deutlich und zeigt, dass es sich eben nicht um Einzelfälle handelt, sondern dass die Missachtung von Standards und prekäre Bedingungen System haben. Zahlen und Fakten in diesem Antrag kommen aus eben dieser Studie. Lösungen für diese Missstände bei den Beschäftigungsbedingungen sind Tarifverträge für Beschäftigte. Dafür setzt sich die bundesweite Bewegung TV Stud ein. Im Rahmen der TVL Verhandlungen hat die Bewegung TV Stud einige Forderungen für die Arbeitsbedingungen für studentisch Beschäftigte aufgestellt. Einzelne gute Punkte konnten hier auch umgesetzt werden. Beispielsweise wurde eine Mindestvertragslaufzeit über ein Jahr erreicht. Für studentische Beschäftigte ohne Abschluss gibt es zum Sommersemester 2024 erstmalig einen Mindest-Stundenlohn von 13,25 Euround zum Sommersemester 2025 von 13,98 Euro. Darüber hinaus werden die Mindestentgelte und Arbeitsbedingungen studentischer Beschäftigter auch in der nächsten Tarifrunde verhandelt. Aufgrund der Tatsache, dass inzwischen die Mehrheit der Länder sich in ihren Koalitionverträgen für Tarifverträge für studentisch Beschäftigte ausspricht, sind die genannten Punkte allerdings ein enttäuschendes Ergebnis. Hier ist deutlich mehr nötig! Von einer Partei, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt, fordern wir nun hier auf Landesebene nachzubessern. Wie im Koalitionsvertrag festgesetzt hat Niedersachsen jetzt die einmalige Chance dieser Verantwortung unter einer rot- grünen Landesregierung nachzukommen und sich für eine Tarifierung studentisch Beschäftigter und für Verbesserung in Arbeitsbedingungen und Mitbestimmungsrechten einzusetzen. Dies ist Politik, die das Leben von vielen Menschen konkret verbessern kann. II. Als Partei Büdnis 90/Die GRÜNEN stellen wir uns, wie schon in vorherigen Beschlüssen hinter die Ziele der TV Stud Bewegung. Wir setzen uns für bessere Arbeitsbedingungen und eine Stärkung der Mitbestimmung für alle Beschäftigten an den Hochschulen ein. Dafür braucht es verbindliche Regelungen. Das Hauptziel ist daher eine Tarifierung studentisch Beschäftigter mit einem Tarifvertrag auf Landes- oder Bundesebene. Durch Regelungen zu Mindestvertraglaufzeiten und existenzsichernden Löhnen, steigt auch das Wissen, dass Beschäftigte über ihre eigenen Rechte haben und damit auch die Möglichkeiten diese umzusetzen. III. Die rot-grüne Landesregierung plant im nächsten Jahr das niedersächsische Hochschulgesetz (NHG) zu novellieren. Im Koalitionsvertrag wurde sich an entscheidenden Stellen zu besseren Arbeitsbedingungen für Beschäftigte und zu einer Tarifierung studentisch Beschäftigter, swoie mehr Mitbestimmung bekannt. Diese wichtigen Ziele müssen nun auch in die Novelle des Hochschulgesetzes einfließen! Konkret bedeutet das, dass folgende Punkte Eingang in die NHG Novelle beziehungsweise in das Niedersächsische Personalvertretungsgesetz (NPersVG) finden müssen: – Mindestvertraglaufzeiten für studentisch Beschäftigte an den Hochschulen für mindestens zwei Jahre Das System studentischer Beschäftigter ist ein System permanenter Bewährung Vertragslaufzeiten und -häufigkeiten. Im Bundesdurchschnitt (ohne Berlin, wo es einen Tarifvertrag gibt) laufen Verträge für studentisch Beschäftigte durchschnittlich weniger als 6 Monate (5,7 Monate). Diese kurzen Vertragslaufzeiten führen zu Kettenbefristungen mit immer neuen Verträgen. Durch diese Praxis der kurzen Vertragslaufzeiten entstehen exrtem unsichere und prekäre Arbeitsverhältnisse für studentisch Beschäftigte, die nicht wissen, ob sie in ein paar Monaten noch einen Job haben werden. Im Durchschnitt schließen Studierende 4,6 einzelne Verträge ab, wobei beispielsweise bei Wiederbeschäftigung als Tutor*innen die studentisch Beschäftigten in der Regel dreimal auf der gleichen Stelle angestellt sind. Hieran zeigt sich der immense bürokratische Aufwand, der nötig ist nach einigen Monaten immer wieder neue Verträge aufzusetzen und diese Art der Kettenbefristung wird noch absurder und unpragmatischer. Dieser bürokratische Aufwand ist oft so hoch, dass häufig die Verträge zu Beginn der Beschäftigung noch gar nicht fertig sind. Das führt dazu, dass 17,6% der studentisch Beschäftigten bereits ohne schriftlichen Vertrag arbeiten. Je länger die Vertragslaufzeiten sind, desto eher wissen studentisch Beschäftigte über ihre eigenen Rechte bescheid und desto eher werden Arbeitnehmer*innenrechte eingehalten. Kurzzeitverträge, Vertragslücken, Kettenbefristung, sowie Arbeit ohne Vertrag erhöhen dabei auch die Abhängigkeit von Vorgesetzten. Diese Abhängigkeitsverhältnisse begünstigen wiederum Machtmissbrauch. – Einführung von existenzsichernden Löhnen Trotz Arbeit im öffentlichen Dienst sind studentische Hilfskräfte von Armut bedroht. Das Hauptmotiv studentischer Beschäftigter für ihre Stelle ist das verdiente Geld, noch vor anderen Faktoren wie der Auswirkungen auf den Lebenslauf und persönliches Interesse an der Tätigkeit. Was dabei auffällig ist, Je niedriger der Schul-/ Bildungsabschluss der Eltern ist, eine umso wichtigere Rolle spielt das Geld verdienen für die studentisch Beschäftigten. Je höher der Schul-/ Bildungsabschluss der Eltern, umso wichtiger der Aspekt der Qualifizierung im studentischen Job für die Kinder. Die Arbeit im Hochschuljob ist zumeist die Haupteinnahmequelle für die studentisch Beschäftigten. Über ein Drittel der studentisch Beschäftigten hat zeitweise zwei Arbeitsverträge gleichzeitig. Ein Drittel der studentischen Beschäftigten hatte in den letzten 12 Monaten mindestens eine weitere Nebentätigkeit außerhalb der Hochschule/ Forschungseinrichtung inne. Trotz mehrerer Nebenjobs ist das Armutsrisiko unter studentisch Beschäftigten dabei im Vergleich zu anderen Studierenden besonders hoch. Stundenlöhne auf Mindestlohnniveau und Verträge mit zum Teil wenigen Stunden führen zu einer ökonomisch prekären Lage der studentischen Beschäftigten. Das Beispiel Berlin zeigt, wo es eine Tarifierung (studentischer) Arbeit gibt, ist die Auswirkung auf die soziale Lage besonders positiv. Als Grüne stehen wir für soziale Gerechtigkeit und für gute Arbeitsbedingungen. Prekäre Beschäftigungsbedingungen und geringe Löhne stehen dem entgegen. Gegen Armut(sgefährdung) helfen keine warmen Worte der Wertschätzung, sondern existenzsichernde Löhne. – Verbesserung der Mitbestimmung von studentisch Beschäftigten durch die Einführung studentischer Personalräte oder die Vertretung studentisch Beschäftigter durch die vorhandenen Personalräte Mitbestimmungsrechte von studentischen Personalräten wirken sich positiv auf die Einhaltung der Arbeitnehmer*innenrechte aus. Sie bieten studentisch Beschäftigten außerdem eine Anlaufstelle bei Fragen und Anliegen zum Arbeitsverhätnis. In vielen anderen Bundesländern gibt es bereits studentische Personalräte oder Vertretung studentisch Beschäftigter in den vorhandenen Personalräten. Diese sind meist im Hochschulgesetz oder im jeweiligen Personalvertretungsgesetz geregelt. Auch in Niedersachsen braucht es diese Vertretungen, die sich für die Wahrung von Arbeitnehmer*innenrechten einsetzen und an die sich studentisch Beschäftigte wenden können. – verbindliche Regelungen für Urlaubs- und Krankheitsanspruch Die Schwierigkeit bei Regelungen zu Arbeitnehmer*innerechten, wie zum Beispiel zu Überstunden, Arbeitszeiten, Urlaubs- und Krankheitsansprüchen, ist, dass diese häufig nicht kommuniziert werden und unklar sind. Im Zusammenspiel mit kurzen Beschäftigungsdauern und großer Abhängigkeit von Vorgesetzen kann dieses Unwissen über die eigenen Rechte schnell missbraucht werden und zu einer Unterwanderung geltender Standards führen. In der oben genannte Studie gaben 38,9% der Befragten an, regelmäßig unbezahlte Überstunden zu leisten. Nur zwei Drittel der Befragten dokumentieren ihre Arbeitszeit. Tun sie das, leisten sie weniger Überstunden. Bundesweit (ohne Berlin) arbeiten 21,8% immer ihre Krankheitstage nach, 13,7% der Befragten werden sogar von Vorgesetzten dazu angehalten ihre Krankheitstage nachzuarbeiten. Auch zeigt sich hier ein deutliches Geschlechterungleichverhätnis. Frauen, nicht-binäre Menschen und intergeschlechtliche Personen arbeiten Krankheitstage häufiger nach als männliche Befragte. Beim Urlaubsanspruch sehen die Zahlen ähnlich aus. 39,6% der Befragten nehmen keinen vollständigen Urlaub. Die Nicht-Einhaltung von Arbeitnehmer*innenrechten ist durch Kurzzeitverträge und Kettenbefristungen strukturell angelegt. Beschäftigte mit mehr Berufserfahrung bestehen stärker auf Arbeitnehmer*innenrechte wie Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Längere Vertragslaufzeiten haben einen deutlich positiven Effekt auf die Einhaltung von Arbeitnehmer*innenrechten, außerdem sind Befragte mit längeren Vertragslaufzeiten deutlich besser über ihre Rechte informiert. Und auch Mitbestimmungsrechte von studentischen Personalräten wirken sich positiv auf die Einhaltung der Arbeitnehmer*innenrechte aus. – Erhöhung des Anteils der Stellen, die offiziell ausgeschrieben werden Die Einstellung von studentisch Beschäftigten erfolgt oft durch perönliche Anfragen und Netzwerke. Stellen werden seltener offiziell ausgeschrieben. Nur 36,7% der Befragten der oben genannten Studie gelangen über Ausschreibung an ihre Stelle, während 60,3% über informelle Wege rekrutiert wurden. Besonders hoch ist der Anteil an Ausschreibungen in Berlin, wo es bereits einen Tarifvertrag für studentisch Beschäftigte gibt. Diese sozial exklusive Praxis der Einstellungen verstärkt Ungleichheiten und wirkt sozial selektiv. Studierende ohne Migrationsgeschichte oder mit Eltern mit höchstem Abschluss werden signifikant häufiger angesprochen. Studentische Beschäftigte kommen – verglichen mit der Zusammensetzung der Gesamtstudierendenschaft – überdurchschnittlich häufig aus bildungsnahen Familien. Die Vergabe der Stellen ist Ausdruck einer sozial exklusiven Praxis. Dabei haben diese Jobs häufig Schlüsselrollen im späteren akademischen Lebensweg. Beispielsweise sieht man deutlich ihre Rolle als Türöffner zur Promotion: 75% der Promovierenden waren zuvor als studentisch Beschäftigte an der Hochschule angestellt. Für den sonstigen beruflichen Werdegang zeigt sich ebenfalls ein gleichstellungspolitisches Defizit.